Plädoyer für die bedingungslose Freiheit von Freiräumen, anonyme Verfasser*in
Der Auftakt galt einem Plädoyer für die bedingungslose Freiheit von Freiräumen. Der anonym verfasste und vorgelesene Text stammt aus der Organisation der Freiraumdemo in Bern und zitiert u.a. Angela Davis: “Freiheit ist ein stetiger Kampf”. Freiräume können in diesem Sinne nicht für das Aufpolieren des Images von Besitzenden und Verwaltenden dienen. Vielmehr funktionieren das gemeinschaftliche Zusammenleben, soziale Integration und die Ausgestaltung von Raum ganz von selbst, wenn die dafür nötige Autonomie gegeben wird. Ein Raum, in dem Menschen frei sind, muss zwingend ein Gegen-Ort sein zum Ursprung der Unfreiheit. Dieser lässt sich nicht einschränken, nicht absegnen, nicht wegnehmen.
Martin Mraz, Vorstandsmitglied «Wilder Platz»
«Wilder Platz» heisst die Brache zwischen Zollstrasse und SBB-Geleisen, zwischen Zollhaus und Negrellisteg, die seit 2021 von einem Verein betrieben wird, wobei alle eingeladen sind mitzumachen, vorbeizukommen, Platz zu nehmen, zu picknicken oder konsumfrei zu sein. Aber diese absolute Offenheit werfe auch Fragen nach Verantwortlichkeit auf und es brauche gewisse Steuerungsmomente – allein die regelmässige Entsorgung von Müll bedarf der Ressourcen durch die Vereinsmitglieder vom «Wilder Platz». Ja, selbst die Aneignung der Brache durch die Natur sei teilweise problematisch! Brombeersträucher nehmen schnell Überhand und die Pflanze wächst bis auf den Gehsteig und stört dort die öffentliche Ordnung. Selbst wo Autonomie maximal möglich gewährt wird, bleibt das verwaltende Team für die Grenzen des Freiraums verantwortlich.
Nina Vollbracht und Luca Rey, Hallenbewohner*innen im Zollhaus
Ein gelebter Freiraum mit Grenzen? Nach Einzug und einem mietfreien Monat lebte die Hallengemeinschaft in einer Baustelle, die teils bis zu einem Jahr anhielt. Gemeinschaftlich und aufwändig geplante und gebaute Hallenwohnungen – und dann ging es in erster Linie darum, diese Freiheit im Raum nach Einzug auch zu erhalten. Es sei ein Aushandeln und ein sich Arrangieren mit den unterschiedlichsten Bedürfnissen. Das regelmässige Umstellen der rollenden Wohntürme wurde beibehalten – ein Manifest der konstanten Aushandlung unterschiedlicher Perspektiven und aktueller Bedürfnisse.
Das Kollektiv innerhalb der Hallenwohnungen spiegelt weitgehend auch, was im grösseren (Zoll)Haus passiert: Es bedarf viel Dialog und Aushandlung, um sich bereitgestellte Freiflächen kollektiv anzueignen. In den Hallenwohnungen werde nicht nur gewohnt, sondern auch aneinander und miteinander gelernt. Der Erfahrungsschatz wird dann hinausgetragen in die Welt, zum Beispiel 2023/2024 in Form eines Hallenzine’s, in dem explizit auf den Bericht von Pia Steidl hingewiesen wird: “Miteinander leben, voneinander lernen”. Hier zum kostenlosen Download freigestellt: https://ighallenleben.hotglue.me/
BRIGHT! Dialog mit Format
Zum Abschluss des Abends wurde – wie es sich für dieses Veranstaltungsformat gehört – der ungezwungene Dialog über das angeschlagene Thema eröffnet. An grösseren Tischen und in kleineren Gruppen haben Gäste noch lange diskutiert: Zum Beispiel über die Luftqualität und den Umgang mit Lärm beim Hallenwohnen, was für neue Projekte angedacht sind und welche Möglichkeiten es gibt, den «Wilder Platz» in seiner vielseitigen Nutzung zu erleben und ebenda mitzuwirken.
Das nächste BRIGHT! findet statt am Montag, 5. Mai 2025 zum Thema “Keine Wohnung – was nun?”. In Kooperation mit Pink Apple geht es um den Umgang mit Wohnungsnot, über-Lebens-Formen und wie die Genossenschaft Kalkbreite damit umgeht, dass sie nur beschränkt Wohnraum zur Verfügung haben.